FFH-Gebiet „Oberes Eidertal“

Aurorafalter

Das Tal der Oberen Eider zwischen dem Schulensee und Bordesholm ist ein einzigartiges Naturerbe. Seit einigen Jahren stehen hier Ziele des Natur-, Klima- und Gewässerschutzes im Vordergrund. Grundlage sind gemeinsame Bemühungen des Wasser- und Bodenverbandes, ortsansässiger Landwirte und Naturschützer, umliegender Ämter und Gemeinden sowie der Stiftung Naturschutz und des Landes Schleswig-Holstein. Die im Rahmen des Naturschutzprojektes Eidertal umgesetzten Maßnahmen, wie die extensive Beweidung und die Aufgabe der Gewässerunterhaltung, haben die Lebensbedingungen für viele seltene Tier- und Pflan­zenarten wesentlich verbessert. Das Tal ist daher Teil des Europäischen ökologischen Netzes „NATURA 2000“ (FFH-Gebiet). Seitdem die Eider nicht mehr regelmäßig geräumt wird, ist der Grundwasserstand deutlich angestiegen. Charakteristische Arten der Niedermoore, Quellen und Feuchtwiesen sowie ungestörter Flussläufe haben sich wieder ausgebreitet. Der etwa 22 Kilometer lange „Eidertal-Wanderweg“ bietet Wanderern und Radfahrern unvergleichliche Ein- und Ausblicke in naturnahe Lebensräume mit vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten. Hinweistafeln am Wegesrand informieren über landschafts- und kulturhistorische Besonderheiten. Neben dem Eidertal zwischen dem Schulensee und Bordesholm gehören zum gesamten NATURA-2000-Gebiet „Gebiet der oberen Eider inclusive Seen“ auch der Westensee mit Ahrensee, Hansdorfer See, Schulensee (s. Naturführer Band 2, Seite 156), Bothkamper See und Lütjensee mit Hochfelder See (s. Naturführer Band 2, Seite 112).

Entstehung des Eidertals

Bechsteinfledermaus

Das Eidertal ist ein typisches norddeutsches Flusstal-Niedermoor. Seine heutige Gestalt erhielt das Gebiet durch mehrere Gletschervorstöße während der letzten Eiszeit. Unter dem Eis abfließendes Schmelzwasser lagerte größere Mengen an Material ab; Grundlage der heutigen Kies- und Sandvorkommen. Nach Abtauen des Eises erstreckte sich im Eidertal eine Kette kleiner Seen. Ihre Verlandung ließ im Laufe der Jahr­tausende eine über 12 m dicke Schicht von Torfen und Mudden aufwachsen. Andere Moorflächen entstanden durch Überflutung, wieder andere durch ober­flächennah strömendes, quellig austre­tendes Wasser. Nahe Grevenkrug hat sich ein Hochmoor gebildet.

Landschaft im Wandel

Die Landschaft entlang des Eidertales war bereits in vor- und frühgeschichtlicher Zeit von Bauern, Fischern und Jägern besiedelt. Siedlungsspuren lassen sich bis in die Steinzeit (9000 v. Chr.) nachweisen. Die heutigen Dörfer wurden durch Kolonisten im 12. und 13. Jahrhun­dert gegründet. Die damals entstandene bäuerliche Prägung ist bis in die moderne Zeit erhalten geblieben. Das Eidertal lieferte den Bauern über Jahrhunderte das notwendige Futter, um ihr Vieh durch den Winter zu brin­gen. Oft genug blieb jedoch der Lohn der Mühen aus, da die Eider mitten im Sommer Hochwasser führte und die Ernte wegschwemmte oder das Heu verdarb, weil es ununterbrochen regnete. In den 1970er Jahren verlo­ren die Wiesen ihre Bedeutung für die Betriebe und die Nutzung wurde verbreitet aufgegeben. Die ehemals intensiv genutzten oder brachgefallenen Flächen sind heute zumeist für den Naturschutz aufgekauft. Einige Weiden werden ganzjährig mit Robustrindern oder halbwilden Konik-Pferden beweidet. Durch Rücknahme der Gewässerunterhaltung und Aufhebung der Bin­nenentwässerung sind die Flächen (wieder-)vernässt. Ziel der Maßnahmen ist, negative Folgen der Moorentwässerung wie die Freisetzung schädigender Nährstoffe in die Gewässer und die Abgabe klimawirksamer Gase in die Atmosphäre zu vermindern. Zugleich werden die europäischen Richtlinien zum Schutz der Gewässerökosysteme (Wasserrahmenrichtlinie) und der Natur (Natura 2000) vorbildhaft umgesetzt.

Naturschutzprojekt „Oberes Eidertal“

Sumpfschrecke

In ihrem hin und her schwingenden Bett erscheint uns die Eider als unberührt und natürlich. Doch bereits im frühen Mittelalter griff der Mensch in das Gewässer ein. Zum Be­trieb von Wassermühlen wurde die Eider an mehreren Stel­len aufgestaut. Aalwehre versperrten den Flusslauf. Bis in das 19. Jahrhundert hinein war die Landwirtschaft im Eidertal von häufigen Überschwemmungen geprägt. Um dies zu ändern, wurden 1863 erstmals Teilstrecken der Ei­der reguliert. Die 1904 gegründete Entwässerungsgenossenschaft Obereider schaffte mit dem Kauf des Staurechtes die Grundlage für die Regulierung der Vorflut. Später zeigte sich, dass die Regulierung der Gewässer nicht nur Vorteile gebracht hatte. Viele Konflikte waren nur verschoben oder einfach übersehen worden. Auf Initiative des Wasser- und Bodenverbandes „Obere Ei­der“ und betroffenen Landwirten wurde in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Umweltamt Kiel sowie umliegenden Ämtern und Gemeinden das landesweit richtungsweisende Naturschutzprojekt „Weidelandschaft Eidertal“ entwickelt:

  • Träger des Projektes ist der Wasser- und Bodenverband.
  • Die Stiftung Naturschutz gibt ihre Flächen in das Projekt ein.
  • Die Nutzung der Flächen erfolgt in einer geringen Be­weidungsdichte durch umliegende Landwirte sowie eine Heckrinder-Zuchtgemeinschaft.
  • Die kleinräumige Parzellenbewirtschaftung wird zugun­sten einer Großweidelandschaft aufgegeben.
  • Die Unterhaltung der Eider wird verringert und die Flä­chenentwässerung vollständig eingestellt.
  • Die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie die sorgfältige Abwägung der verschiedenen Interessen ist Basis für die hohe Zustimmung und erfolgreiche Umsetzung des Projektes.

Naturschutz durch Beweidung

Korniks

Die großflächigen Weiden im Süden und Norden des Eidertals werden ganzjährig mit Robustrindern, wie Heckrinder und Galloways, oder halbwilden Konik-Pferden beweidet. Auf eine Zufütterung im Winter wird bewusst verzichtet. Die Tiere verhungern aber nicht, vielmehr verbeißen sie in die­ser Zeit solche Pflanzen, die sie weniger gerne mögen. Diese Form der Naturschutzbeweidung sichert die Offenhaltung des Talraumes und fördert die Arten- und Strukturvielfalt der Lebensräume. Sie erzeugt eine bunte, kleinräumig differenzierte Landschaft, die nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch vielen seltenen Pflanzen und Tieren geeignete Lebensräume bietet. Ursache ist sowohl der Tritt als auch das wählerische Fressverhalten der Tiere. Bei ih­ren Wanderungen verteilen sie zudem Samen im Gebiet. Gerade hochwüchsige Staudenfluren sind von einer Vielzahl an Insekten und Spinnen bevölkert. Bienen, Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge nutzen das Blütenangebot als Nektarquelle. Halme und Stängel dienen ihnen als Überwinterungsplatz. Viele seltene Vogelarten wie Bekassine, Wachtelkönig und Braunkehlchen nutzen das sumpfige Extensivgrün­land als Brut- und Nahrungsraum.