Jahr der Untersuchung: 1996/97
12.kurzfassung2005 Kurzfassung
1996/97 untersuchte das Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein den im Kreis Segeberg gelegenen Wardersee. Im Mittelpunkt standen dabei der Wassermengen- und Stoffhaushalt, die Lebensgemeinschaften und die Belastungssituation des Sees.
Der Wardersee, einer der 15 größeren Seen Schleswig-Holsteins, hat eine Seefläche von 3,6 km2 . Gleichzeitig ist er jedoch mit einer mittleren Tiefe von 3,7 m und einer maximalen Tiefe von 10,8 m recht flach und daher im Sommer teilweise instabil oder gar nicht thermisch geschichtet. Sein Einzugsgebiet ist mit 246,4 km2 sehr groß, seine theoretische Wasseraufenthaltszeit mit ca. 4 Monaten entsprechend gering. Er hat somit natürliche Voraussetzungen für einen relativ nährstoffreichen, eutrophen Zustand. Der Waldanteil liegt mit 11 % der Einzugsgebietsfläche im landesweiten Mittel. 84 % des Einzugsgebietes werden landwirtschaftlich genutzt, nur 5 % sind besiedelt.
Ein Charakteristikum des Wardersees ist, neben seiner langgestreckten Form, der in kurzer Zeit überaus stark schwankende Wasserstand. Der größte Zufluß ist die Trave, die, vom Norden kommend, in das mittlere Becken fließt und den See im westlichen Becken bei Warder in südlicher Richtung wieder verläßt. Die Bißnitz entwässert zusammen mit der Struckau den südlichen Teil des Einzugsgebietes. Zwei weitere größere Zuflüsse sind der Mühlenbach und die Goldenbek.
Nach den Phosphor- und Chlorophyll a-Konzentrationen sowie der Sichttiefe ist der Wardersee als hypertroph einzustufen. Die Temperatur- und Sauerstoffprofile zeigen, daß es sich um einen polymiktischen See handelt. Auffallend und auf ein starkes Algenwachstum hindeutend war die hohe Sauerstoffkonzentration an der Oberfläche und die relativ starke Zehrung in Bodennähe während der kurzen Schichtungsperioden. Auch die Phytoplanktonzusammensetzung ist von der häufigen Durchmischung der Wassersäule und der kurzen Verweilzeit des Wassers geprägt. Vor allen Dingen im südwestlichen und mittleren Becken dominierten ganzjährig die Kieselalgen.
Die submerse Vegetation des Wardersees setzt sich aus häufigen und äußerst belastungstoleranten Arten zusammen, die charakteristisch für hoch eutrophe Gewässer sind. Krauses Laichkraut, Durchwachsenes Laichkraut und Kamm-Laichkraut stellen die verbreitetsten Arten dar. Als einzige Art der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen Schleswig Holstein kommt die Nadel-Sumpfsimse lediglich kleinflächig vor. Die Schwimmblatt-Vegetation wird lediglich durch die Gelbe Teichrose gebildet. Sie kommt schwerpunktmäßig in den geschützten Buchten an den Enden beider Seebecken vor. Weiterhin charakteristisch für den Wardersee sind schmale Röhrichte aus Dominanzbeständen von verschiedenen Röhrichtbildnern wie Schilf, Schmalblättrigem Rohrkolben, Rohr-Glanzgras und Gemeiner Teichsimse. Binsen- und Quellriedfluren sind meist als schmale Säume entlang 10 % der Uferlinie anzutreffen und stellen aus vegetationskundlicher Sicht das wertvollste Element am Wardersee dar.
Auch die Benthonfauna weist den See als nährstoffreich aus. Allerdings wurden Litoralformen bis in die größten Tiefen gefunden. Grund dafür ist aber sicherlich die gute Sauerstoffversorgung in der Tiefe aufgrund der häufigen Durchmischung der Wassersäule.
Im Vergleich mit anderen schleswig-holsteinischen Seen ist der Wardersee relativ fischartenreich. Das Vorkommen der Rote Liste-Arten Hecht, Ukelei, Schlammpeitzger, Steinbeißer und Quappe ist als wertvoll anzusehen. Hervorzuheben ist das Vorkommen von Flußkrebsen.
Bei der Bilanzierung der Nährstoffe ergab sich folgendes Bild: Ca. 12 Tonnen Phosphor und 375 Tonnen Stickstoff gelangen jährlich in den Wardersee. Zwei Drittel des Phosphoreintrages sind durch die Landwirtschaft bedingt, 6 % verteilen sich auf Wald, Siedlung und den Niederschlag direkt auf die Seefläche und 15 % werden durch Abwasser verursacht. Der Stickstoffeintrag ist zu knapp 90 % durch die landwirtschaftliche Nutzung bedingt. Ungefähr die Hälfte der Nährstofffracht kommt aus der Trave.
Die heutige Nährstoffbelastung ist viel zu hoch. Es sollten daher Maßnahmen ergriffen werden, um den See zu schützen.
Einiges wurde bereits im Einzugsgebiet getan, um den Wardersee zu entlasten. So existieren in einigen Gemeinden Regenrückhalte- bzw. Regenklärbecken. Auch die Abwassersituation hat sich in den letzten Jahren etwas verbessert. Fast alle Kleinkläranlagen sind nachgerüstet. Jedoch sind viele Einwohner im Einzugsgebiet nur an unbelüftete Abwasserteiche angeschlossen, und es sollte geprüft werden, ob nicht die größeren Anlagen mit einer Phosphatfällung ausgerüstet werden können.
Schon in den 70er Jahren gab es Planungen, das südwestliche Becken einschließlich der Traveniederung nordwestlich von Strenglin unter Naturschutz zu stellen (LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE SCHLESWIG-HOLSTEIN 1992). Eine solche Maßnahme ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn in Übereinstimmung mit den Eigentümern deutliche Einschränkungen der Nutzung zur Verwirklichung bestimmter Natur- und Gewässerschutzziele zu erreichen sind:
- Schilfbestandene Ufer sollten großflächig gegen das Weidevieh abgezäunt werden, damit sich dort das Röhricht wieder entwickeln kann und keine Fäkalien mehr direkt in den See gelangen. An den natürlicherweise schilflosen Brandungsufern am Ostende des Sees kann von einer Abzäunung abgesehen werden, um für Watvögel wichtige Vertrittbereiche zu erhalten. Diese Weiden sollten jedoch auf jeden Fall nur extensiv bewirtschaftet werden.
- Das im vorgeschlagenen Schutzgebiet rund um den See liegende Grünland sollte nicht mehr umgebrochen und nur noch extensiv bewirtschaftet werden.
- In den Überschwemmungsbereichen der Trave bei Strenglin und der Bißnitz bei Pronsdorf sind zusätzliche Maßnahmen zur Wasserstandsstabilisierung anzustreben, so daß ein relativ hoher Wasserstand im Sommer gehalten werden kann.
- Die Forstflächen im Planungsgebiet sollten künftig naturnah bewirtschaftet werden.
Die Arbeitsgemeinschaft "Entwicklungskonzept der Trave oberhalb Wardersee" erarbeitet seit ein paar Jahren Vorschläge zur Verbesserung der Gewässergüte und -struktur der Trave. Neben der Reduzierung der Nährstoffeinträge sollen noch vorhandene natürliche Lebensgemeinschaften geschützt und ihre Ausbreitung gefördert werden. Künftige Maßnahmen sollten bevorzugt an solchen Bächen durchgeführt werden, die abschnittsweise noch naturnahes Potential besitzen.
Auch für die anderen Fließgewässer im Einzugsgebiet, wie die Bißnitz und die Struckau gilt, daß möglichst die gewässernahen Flächen nur extensiv bewirtschaftet werden sollten, um den Nährstoffeintrag zu reduzieren.
Der Barsch- und Brassenbestand des Wardersees zeigte leichte Verbuttungserscheinungen und es wäre daher sinnvoll, den Weißfischbestand zu verringern. Eine Reduzierung der planktonfressenden Weißfische könnte sich auch positiv auf das Nahrungsnetz auswirken. Der Fraßdruck auf das Zooplankton würde verringert und somit das Phytoplankton durch "grazing" stärker dezimiert werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß sich der Wardersee auch bei Durchführung aller dieser Maßnahmen nicht wieder in einen schwach eutrophen Zustand entwickeln wird, aber es würde dazu beitragen, den Eutrophierungsprozeß zu verlangsamen und somit den See vor einer schnellen Alterung zu bewahren. Der Wardersee hat eine besondere Bedeutung für den Artenschutz. Er ist ein relativ fischartenreiches Gewässer und bietet Lebensraum für zahlreiche Vogelarten. Es ist daher besonders wichtig, den See und seine Uferbereiche zu schützen.
12.1 Wasserstände
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12.2 Niederschlagsmengen
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12.3 Physikalisch-chemische Daten
Temperatur
Aufgrund der geringen Durchschnittstiefe des Sees und der starken Durchströmung durch die Trave besitzt der Wardersee ein polymiktisches Schichtungsverhalten.
Bis einschließlich März 1996 war der See zugefroren. So fanden die ersten Messungen erst im April statt. Die Wassertemperatur betrug zu dem Zeitpunkt um 12 °C. Im südöstlichen Becken baute sich aufgrund der geringen Tiefe das ganze Jahr über keine thermische Schichtung auf. Die ganze Wassersäule erwärmte sich kontinuierlich und erreichte ihre maximale Temperatur von 21 °C im August. Bis zum Dezember fiel sie wieder auf 2,5 °C. Im Januar 1997 war der See zugefroren. Die Frostperiode war jedoch relativ kurz, so daß im Februar wieder Probenahmen durchgeführt werden konnten.
Obwohl das mittlere Becken etwas tiefer ist, konnte sich auch dort keine sommerliche thermische Schichtung aufbauen. Nur Ende April, wahrscheinlich während einer windstillen Wetterlage, war in 5 m und Ende Juni in 4 m Tiefe kurzzeitig eine Sprungschicht zu erkennen.
Selbst im westlichen tiefsten und auch etwas geschützt liegenden Becken wurde nur im April, Juli und August kurzzeitig der Aufbau eines schwachen Temperaturgradientens beobachtet.
Sauerstoffhaushalt
Der Verlauf der Sauerstoffkonzentration im Tiefenprofil über das Jahr steht im engen Zusammenhang mit dem thermischen Schichtungsverhalten des Sees. Da in dimiktischen Seen im Sommer das Tiefenwasser während der thermischen Schichtung keinen Kontakt zur Atmosphäre hat, kommt es dort in diesen Monaten aufgrund von sauerstoffzehrenden Abbauprozessen im Hypolimnion häufig zur Sauerstoffverarmung. Da der Wardersee jedoch nur über kurze Zeiträume geschichtet war, trat diese räumliche Trennung von Sauerstoff-Produktion und -Verbrauch nur sehr kurz und nicht kontinuierlich auf.
Im südöstlichen Becken z.B. kam es zu keiner Zeit zu einer Sauerstoffverknappung im Tiefenwasser. Die Sauerstoffsättigung schwankte im Untersuchungszeitraum in der ganzen Wassersäule zwischen 85 % im Winter und knapp 130 % im April 1997.
Im mittleren, etwas tieferen Becken war in den kurzen Zeiträumen, in denen sich eine Schichtung aufbauen konnte, einerseits eine leichte bis mäßige Übersättigung an der Oberfläche und andererseits ein Sauerstoffdefizit in der Tiefe zu messen. Ende Juli und Ende August war der Sauerstoff in 7 m Tiefe kurzzeitig aufgezehrt. Besonders hervorzuheben ist der Probenahmetermin Anfang April 1997, an dem im Oberflächenwasser 170 % Sauerstoffsättigung ermittelt wurde. Dieses deutet auf eine starke Algenentwicklung zu der Zeit hin.
Im westlichen tiefsten Becken waren die Sauerstoffverhältnisse ähnlich ausgeprägt. Im August war der Sauerstoff in Bodennähe aufgezehrt. Auffallend war auch in diesem Becken die relativ geringe Sauerstoffsättigung von etwas über 60 % in der ganzen Wassersäule im September. Die Sauerstoffkonzentration erhöhte sich langsam bis Dezember.
Leitfähigkeit, pH-Wert und Säurebindungsvermögen
Die Leitfähigkeit ist ein Anhaltspunkt für die Menge an gelösten Stoffen im Wasser. Im Mittel liegt diese in schleswig-holsteinischen Seen bei 43 mS/m. Im Wardersee lag sie im April 1996 bei 50 mS/m. Während der Vegetationsperiode schwankten die Werte von 49 mS/m und 54 mS/m, wobei die Leitfähigkeit im westlichen Becken tendenziell, wahrscheinlich aufgrund des geringeren Einflusses des Trave, etwas niedriger lag. Besonders auffallend war der Anstieg der Leitfähigkeit im südöstlichen und mittleren Becken ab Dezember bis April 1997. Es wurden Werte bis zu 66 mS/m gemessen. Grund war wahrscheinlich die plötzlich auftretenden hohen Nitratkonzentrationen.
Der pH-Wert lag im April 1996 ungefähr bei 8,4. Obwohl der Entzug von Kohlendioxid aus dem Wasser durch pflanzliche Produktion eine pH-Wert-Steigerung zur Folge hat, schwankte er im Jahresverlauf auch bei starken Algenentwicklungen nur geringfügig. Der höchste Wert wurde im April 1997 im mittleren Becken mit 8,9 gemessen.
Die Alkalinität oder das Säurebindungsvermögen eines Sees entspricht im wesentlichen seinem Hydrogencarbonatgehalt. Es handelt sich dabei also um die Fähigkeit, Säuren ohne wesentliche pH-Wert-Änderung zu binden (Pufferungsvermögen). Im Wardersee wurde im April 1996 ein Säurebindungsvermögen von 3,1 gemessen. Im September lag es mit 3,4 etwas höher. Der See ist somitrecht gut gepuffert. Er ist mit einer Calcium-Konzentration von um die 90 mg/l als sehr kalkreich einzuordnen.
Sichttiefe
Die Sichttiefe ist ein Maß für die Transparenz eines Gewässers und verläuft somit gegenläufig zur Planktonentwicklung. Diese Meßgröße steht deshalb neben der Algenentwicklung eng in Zusammenhang mit den abiotischen Faktoren wie Temperatur, Sauerstoffgehalt und Nährstoffkonzentration.
Im südöstlichen Becken des Wardersees betrug die Sichttiefe im April zur Zeit der Frühjahrsalgenblüte nur 0,70 m. Sie verringerte sich bis zum Juli noch um 20 cm. Aber auch zum Herbst hin wurden nur Werte bis 0,90 m erreicht. Die größte Sichttiefe wurde im Dezember mit 1 m gemessen. Im darauf folgenden Frühjahr lag sie wieder bei 0,70 m.
Im mittleren, etwas tieferen Becken zeigte der Sichttiefen-Verlauf eine etwas größere Dynamik. Im Mittel lag sie auch dort mit 1 m etwas höher als im Südostbecken. Diese Tendenz setzte sich fort im westlichen Seeteil. Dort betrug die mittlere Sichttiefe 1,60 m. Da die ersten beiden Becken die Nährstofffracht aus der Trave und der Bißnitz etwas "abpuffern", und das westliche Becken ein recht kleines direktes Einzugsgebiet und ein etwas stabileres Schichtungsverhalten aufweist, ist zum einen die Phosphorkonzentration in diesem Teil des Sees etwas geringer und zum anderen spielen Sedimentationsprozesse sicherlich dort eine größere Rolle. Im Oktober wurde dort eine maximale Sichttiefe von 2,30 m erreicht.
Im Mittel betrug die Sichttiefe im ganzen See ca. 1,10 m und weist den See somit als stark eutroph aus.
Phosphor
Da Phosphor als essentieller Pflanzennährstoff in Binnengewässern häufiger Minimumfaktor für das Algenwachstum ist als Stickstoff, beruht die Eutrophierung der Seen in erster Linie auf der Zunahme der Phosphate im Seewasser. Im Wardersee liegen jedoch etwas andere Verhältnisse vor. Phosphat wurde zu keinem Zeitpunkt bis zur Bestimmungsgrenze aufgezehrt.
Im April 1996 wurde in 1 m Tiefe im südöstlichen Becken des Wardersees eine Gesamtphosphor-Konzentration von 0,15 mg/l P gemessen (Abb. 10). Ungefähr ein Viertel lag davon als Orthophosphat vor. Der größte Teil war zu dieser Zeit von den Algen aufgenommen. Über den Sommer nahm die Konzentration um fast 0,2 mg/l P zu. Im September wurde das Jahresmaximum von 0,32 mg/l P ermittelt, wobei über zwei Drittel in gelöster Form vorlag. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dieses auf interne Rücklösungsprozesse zurückzuführen. Gebundener Phosphor wurde während kurzer Perioden von Sauerstoffknappheit in der Tiefe aus dem Sediment gelöst und an die Oberfläche transportiert. Über den Herbst und Winter fiel die Konzentration wieder und im Frühjahr des nächsten Jahres wurden wiederum Werte um die 0,10 bis 0,15 mg/l P gemessen. Wahrscheinlich wurde ein Teil des Phosphats durch Eisensalze ausgefällt und somit im Sediment festgelegt.
Im mittleren Becken ist ein ähnlicher Konzentrationsverlauf zu erkennen. Die Phosphorkonzentration stieg jedoch erst etwas später, nämlich ab August, in 1 m Tiefe an. Aber auch dort wurde das Maximum mit 0,36 mg/l P im September erreicht. Zeitgleich war auch ein Anstieg der Konzentration in 7 m Tiefe zu erkennen. Dort wurden kurzzeitig Ende August bis zu 0,55 mg/l P gemessen, ein Zeichen dafür, daß im Wardersee die interne Rücklösung eine bedeutende Rolle spielt.
Im westlichen Becken lag die mittlere Jahres-Phosphorkonzentration etwas niedriger als in den beiden anderen Seeteilen. Aufgrund des "abgepufferten" Einflusses der Trave und der Bißnitz und der dort schwach ausgeprägten thermischen Schichtung im Sommer, stieg die Konzentration an der Oberfläche nicht so stark an. Er wurden im Oktober maximal 0,27 mg/l P in 1 m Tiefe gemessen. In 9 m Tiefe hingegen betrug die Phosphorkonzentration Ende August kurzzeitig 0,58 mg/l P, bevor die Wassersäule wieder vollständig durchmischt wurde.
Stickstoff
Stickstoff ist wie Phosphor ein wichtiger Pflanzennährstoff. Da alle Stickstoffverbindungen intensiven biologischen Umsetzungen im See unterworfen sind, zeigen sie einen ausgeprägten Jahresgang. Außerdem werden die beiden wichtigsten mikrobiologischen Umsetzungsprozesse, Nitrifikation und Denitrifikation, von der Sauerstoffkonzentration gesteuert, so daß sich bei geschichteten Seen grundsätzliche Unterschiede zwischen dem Oberflächen- und Tiefenwasser ergeben. Beim polymiktischen Wardersee jedoch werden diese Gradienten immer wieder verwischt.
Die Gesamtstickstoffkonzentration lag im April 1996 im südöstlichen Becken bei 3,0 mg/l N. Ungefähr die Hälfte davon lag in löslicher Form als Nitrat vor. Im Gegensatz zum Phosphor verringerte sich die Konzentration in 1 m Tiefe zum Sommer hin. Ende August konnten nur noch 1,1 mg/l Gesamtstickstoff nachgewiesen werden. Nitrat lag zu der Zeit unter der Nachweisgrenze und auch Ammonium kam nur noch in Spuren vor. Grund dafür ist wahrscheinlich die Denitrifikation, also die bakterielle Umwandlung von Nitrat zu gasförmigem Stickstoff. Es ist also möglich, daß im Spätsommer das Algenwachstum vom Stickstoff begrenzt wurde. Dies ist typisch für nährstoffreiche Seen. Stickstoffixierende Blaualgen traten jedoch kaum auf. Allerdings könnte auch das Licht der limitierende Faktor gewesen sein, da die Sichttiefe im Sommer sehr gering war.
Ab Dezember änderten sich die Verhältnisse rapide. Die Konzentration stieg auf 10 mg/l N an. Im Februar 97 wurden sogar 12 mg/l N gemessen. Zum April verringerte sie sich zwar wieder auf 8,2 mg/l N, blieb aber somit auf einem hohen Niveau. Verursacht wurden diese hohen Konzentrationen fast vollständig durch Nitrat. Es ist davon auszugehen, daß der Stickstoff aus dem Einzugsgebiet eingetragen wurde. Im November 96 und Februar 97 ist sehr viel Niederschlag gefallen, so daß es wahrscheinlich durch Auswaschung zu erhöhten Nährstoff-Einträgen über das Grundwasser kam. Auch die Zuläufe zeigten ab November alle stark erhöhte Werte.
In den beiden anderen tieferen Becken war ein sehr ähnlicher Verlauf zu erkennen. Während der kurzen Schichtungsperioden war dort eine Anreicherung von Ammonium aufgrund von Remineralisierungs- bzw. Rücklösungsprozessen in der Tiefe zu erkennen. Es wurden jedoch keine hohen Konzentrationen erreicht. Der Konzentrationsanstieg von Gesamtstickstoff in 1 m Tiefe im Dezember verlief im mittleren Becken und vor allen Dingen im westlichen Becken etwas gemäßigter.
Erläuterungen zu Einheiten, Parametern und Messmethoden
12.4 Bewertung und Empfehlungen
Bewertung der Belastungssituation des Wardersees
Neben der Landwirtschaft, die die Hauptnährstoffquelle darstellt, spielt das Abwasser eine relativ große Rolle. Durch das Oberflächenwasser von versiegelten Flächen gelangen nur wenig Nährstoffe in den See. Auch eine Belastung durch Freizeitnutzung ist beim Wardersee kaum gegeben. Die Zahl der Einwohner der näheren Umgebung ist gering, die Fremdenverkehrsbetriebe konzentrieren sich auf das südliche Ufer des westlichen Beckens. Die Übernachtungszahlen sind gering. Der Dauercampingplatz setzt einen deutlichen Schwerpunkt. Das Angebot für Freizeitaktivitäten umfaßt unter anderem Wanderwege in geringer Länge, Sportplatz, Badestellen, Liegewiesen, Angeln und Reiten. Am Westbecken des Wardersees liegen einige Segel- und Ruderboote, am mittleren und südöstlichen Becken liegen die Motorboote des Fischereibetriebes sowie einzelne Boote bei den seeanliegenden Gütern. Das Befahren dieses Seeteiles mit Booten oder Surfbrettern ist nicht erlaubt.
Der Wardersee ist natürlicherweise ein schwach eutropher See. Er hat ein sehr großes Einzugsgebiet und ist relativ flach. Schon aufgrund der potentiell natürlichen Nährstoffeinträge (LAWA 1998), bedingt durch die natürliche Bodenauswaschung von ungenutzten Flächen, und seines polymiktischen Schichtungsverhaltens, kann der See keinen niedrigeren Trophiegrad erreichen.
Die mittlere Phosphorbelastung schleswig-holsteinischer Seen beträgt jährlich ca. 0,4 g/m2 Seefläche. Dieser Abschätzung zugrunde gelegt sind Untersuchungen an 40 Seen. Der Wardersee fällt mit seiner Flächenbelastung von 2,8 g/m2 a P somit vollkommen aus dem Rahmen. Grund dafür ist die sehr kurze Aufenthaltszeit von nur ca. 4 Monaten. Da ein sehr großes Einzugsgebiet in den See entwässert, ist die Nährstofffracht sehr hoch. Da aber die Austauschzeit des Wassers so kurz ist, ist die Nährstoffausnutzung durch die Algen nicht so effektiv. Interne Nährstoffkreisläufe haben in Durchflußseen eine geringere Bedeutung. Somit ist der Stoffhaushalt des Wardersee schwer vergleichbar mit anderen Seen in Schleswig-Holstein. Er ist einerseits unempfindlicher gegenüber Phosphoreinträgen aufgrund seiner kurzen Aufenthaltszeit, anderseits aber ist schon seine natürliche Belastung aufgrund des großen Einzugsgebietes und der daraus resultierenden hohen Zuflußmenge sehr groß.
Die heutige Nährstofffracht ist jedoch viel zu hoch. Tatsächlich ist der Wardersee aufgrund seiner aktuellen Belastung mittlerweile schwach hypertroph (Kap. 7). Es sollten daher Maßnahmen ergriffen werden, um den See zu schützen. Den Wardersee jedoch wieder in einen stabil eutrophen Zustand zu bringen, wäre nur mit einem sehr großen Kostenaufwand möglich. Die Phosphorbelastung müßte ungefähr um die Hälfte, also um 6 Tonnen P, reduziert werden. Das ist sicherlich in dem Umfang nicht sinnvoll, aber trotzdem sollte versucht werden, den See zu entlasten und den Eutrophierungsprozeß zu verlangsamen.
Empfehlungen zum Schutz und zur Erhaltung des Wardersees und seiner Zuläufe
Einige Sanierungsmaßnahmen wurden im Einzugsgebiet des Wardersees bereits durchgeführt.
So existieren bereits Regenrückhalte- bzw. Regenklärbecken in Rohlstorf, Warder, Schlagberg, Strenglin und Westerade; ein weiteres ist dort noch in Planung. Auch die Abwassersituation hat sich in den letzten Jahren etwas verbessert. Fast alle Kleinkläranlagen sind nachgerüstet. Defizite existieren jedoch noch in den Gemeinden Seedorf, Bosau und Ahrensbök. Aber auch dort ist eine Nachrüstung bzw. eine zentrale Entsorgung geplant, die möglichst schnell durchgeführt werden sollte. Jedoch sind viele Einwohner im Einzugsgebiet nur an unbelüftete Abwasserteiche angeschlossen, und es wäre zu prüfen, ob nicht die größeren Anlagen mit einer Phosphatfällung ausgerüstet werden könnten.
Schon in den 70er Jahren gab es Planungen, das südwestliche Becken einschließlich der Traveniederung nordwestlich von Strenglin unter Naturschutz zu stellen (LANDESAMT FÜR NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE SCHLESWIG-HOLSTEIN 1992). Eine solche Maßnahme ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn in Übereinstimmung mit den Eigentümern deutliche Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzung zur Verwirklichung bestimmter Natur- und Gewässerschutzziele zu erreichen sind. Eine weitere Möglichkeit wäre, diese notwendigen Nutzungseinschränkungen über die Biotopprogramme im Agrarbereich der Landesregierung zu finanzieren. Entsprechende Abstimmungsgespräche laufen bereits seit Jahren.
Einige Uferbereiche unterliegen einer intensiven Beweidung, die sowohl die Ausbildung von Röhrichten als auch von wertvollen Ersatzgesellschaften des Grünlands unterbindet. Aufgrund der hohen Zahl der Weidetiere finden dort starke Nährstoffeinträge in den See statt. Schilfbestandene Ufer sollten deshalb großzügig gegen das Weidevieh abgezäunt werden, damit sich dort das Röhricht wieder entwickeln kann und keine Fäkalien mehr direkt in den See gelangen (z.B. am nördlichen Ufer des mittleren Beckens). An den natürlicherweise schilflosen Brandungsufern am Ostende des Sees kann von einer Abzäunung abgesehen werden, um für Watvögel wichtige Vertrittbereiche zu erhalten. Diese Weiden sollten jedoch auf jeden Fall nur extensiv bewirtschaftet werden.
Das im vorgeschlagenen Schutzgebiet rund um den See liegende Grünland sollte nicht mehr umgebrochen und nur noch extensiv bewirtschaftet werden. Einige Entwässerungsgräben sollten geschlossen werden, um Niederungsbereiche wieder zu vernässen. Ackerland sollte in extensiv genutztes Grünland umgewandelt werden, um einen erhöhten Nährstoffeintrag durch Erosion zu verhindern. Besonders wichtig ist dies für den Bereich zwischen Trave und Fauler Trave sowie am Seeufer nordwestlich von Pronstorf. Dort sollte zumindest ein breiterer Gewässerrandstreifen angelegt werden.
In den Überschwemmungsbereichen der Trave bei Strenglin und der Bißnitz bei Pronstorf sind zusätzliche Maßnahmen zur Wasserstandsstabilisierung anzustreben, so daß ein relativ hoher Wasserstand im Sommer gehalten werden kann. Im Winter sollten die angrenzenden Flächen zeitweise unter Wasser stehen. Eventuell reicht schon eine Reduzierung der Gewässerunterhaltung. Allerdings müßten die Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf die Oberlieger geprüft werden. Überhaupt sollten die Fließgewässer im Planungsraum revitalisiert werden.
Die Forstflächen im Planungsgebiet sollten künftig naturnah bewirtschaftet werden. Einige Flächen sollten ganz aus der Nutzung genommen werden, so der Staatsforst Reinfeld an der Bißnitz. Erstaufforstungen müssen unterbleiben, um eine großflächig offene Landschaft zu erhalten, die zur Sicherung des bedeutenden Gänserastplatzes erforderlich ist.
Die Arbeitsgemeinschaft "Entwicklungskonzept der Trave oberhalb Wardersee" erarbeitet seit einigen Jahren Vorschläge zur Verbesserung der Gewässergüte und -struktur der Trave. Neben der Reduzierung der Nährstoffeinträge sollen noch vorhandene naturnahe Lebensgemeinschaften geschützt und ihre Ausbreitung gefördert werden.
Es zeigte sich, daß die Trave mit ihren Seitenbächen nur bedingt durch Schutzgebiete gesichert ist. Nur im Bereich des Naturschutzgebietes Heidmoor ist eine großräumige Erweiterung der geschützen Flächen geplant. Weiterhin wurde deutlich, daß Einzelbiotopmaßnahmen in einigen Fällen verstreut im Untersuchungsraum durchgeführt worden sind. Eine zukünftige Bündelung solcher Maßnahmen sollte angestrebt werden.
Bei der Untersuchung der chemischen Parameter wurde deutlich, daß Einleitungen von Abwässern erkennbar waren (z.B. Garbeker Au, Bargholzgraben), eine überdurchschnittlich hohe Belastung durch die einzelnen Quellen jedoch nicht nachzuweisen war. Bewertungen von extrem bis außerordentlich belastet sind nicht aufgetreten. Auch die Struktur einiger Gewässer ist untersucht worden. Dabei wurde nur der Bach Wahlsdorfer Holz und die Garbeker Au abschnittsweise als naturnah bzw. weitgehend naturnah eingestuft, andere Bereiche sind erheblich gestört. Wiederbesiedlungspotential findet sich in einem Seitenbach der Garbeker Au und abschnittsweise im Bach Wahlsdorfer Holz sowie in der Berliner Au. Die Trave wurde als schlecht bewertet. Sie ist gewässermorphologisch und faunistisch gestört. Zurückzuführen ist dies auf die durchgeführten Ausbaumaßnahmen. Im Rahmen der Flurbereinigung wurden Fließgewässer begradigt, sohlvertieft und trapezförmig ausgebaut. Künftige Maßnahmen sollten bevorzugt an solchen Bächen durchgeführt werden, die abschnittsweise noch naturnahes Potential besitzen. Eine Verbindung dieser Bereiche unter Einbeziehung der Talaue führt langfristig zu einer Vernetzung der naturnahen Abschnitte und letztendlich zu einer Stabilisierung des Lebensraumes.
Auch für die anderen Fließgewässer im Einzugsgebiet wie die Bißnitz und die Struckau gilt, daß möglichst die gewässernahen Flächen nur extensiv bewirtschaftet werden sollten, um den Nährstoffeintrag zu reduzieren. Das ist sicherlich nicht überall durchführbar. Jedoch sollte versucht werden, möglichst breite Randstreifen anzulegen und anstatt Mais und Hackfrüchte Getreide und Raps anzubauen. Wichtig ist ein flächendeckender Erosionsschutz durch bodenschonende und standortangepaßte Bewirtschaftung.
Die Struckau und die Goldenbek wurden im Rahmen der Gewässergüteplanung des Kreises Segeberg untersucht (GREUNER-PÖNICKE 1993). Eingriffe in Verlauf, Ufer- und Sohlstruktur, meist intensive Nutzung angrenzender Flächen und zahlreiche Störungen zeigten ein insgesamt stark menschlich beeinflußtes Bachbild der Struckau. Vor allem im Unterlauf ist die ökologische Bedeutung als stark vermindert zu bewerten. Reste naturnaher Strukturen sind vor allem in lückigen Ufergehölzgalerien und wenigen belassenen Mäanderschlingen im Oberlauf zu finden. Es wird empfohlen, zumindest ufernahe, lanwirtschaftlich genutzte Flächen zu extensivieren.
Die Gewässerstruktur der Goldenbek zeigte ein sehr uneinheitliches Bild. Von besonderer ökologischer Bedeutung ist der Mittelteil des Baches, der in einem landwirtschaftlich nicht genutzten, bewaldeten Kerbtal verläuft. Hier kann die Struktur als weitgehend naturnah bezeichnet werden, Störungen gehen vor allem von zwei angrenzenden Fischteichanlagen aus. Die beiden anschließenden Abschnitte weisen dagegen beide starke menschliche Eingriffe in die Struktur auf. Es finden sich dort Sohlabstürze, Faschinen, längere Verrohrungen, Drainageeinleitungen und mangelnde Ufergehölze. Im Oberlauf wurde bereits ein Teilstück naturnah umgestaltet. Es sollte jedoch auch der Einfluß der Teichanlagen minimiert werden. Ufergehölze könnten Nährstoffeinträge aus den landwirtschaftlich genutzten Flächen abpuffern.
Der Barsch- und Brassenbestand des Wardersees zeigt leichte Verbuttungserscheinungen. Der Grund ist ein hoher Weißfischbestand. Es wäre daher sinnvoll, diesen zu verringern. Am einfachsten könnte dies geschehen, indem die Cypriniden in den Fängen des Fischers nicht wieder in den See zurückgesetzt werden, sondern als Futtermittel o.ä. verwertet werden. Eine Reduzierung der planktonfressenden Weißfische könnte sich auch positiv auf das Nahrungsnetz auswirken, da der Fraßdruck auf das Zooplankton verringert werden würde. Dieses könnte sich somit stärker vermehren und das Algenwachstum besser kontrollieren.
Die raschen Schwankungen des Seewasserspiegels stellen im Frühjahr für den Laich der im Flachwasser laichenden Arten eine Gefahr dar und sollten möglichst unterbunden werden. Es wäre zu prüfen, ob dies durch einen Rückbau des Oberlaufes der Trave erfolgen kann.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß sich der Wardersee auch bei Durchführung aller dieser Maßnahmen nicht wieder in einen schwach eutrophen Zustand entwickeln wird, aber sie würden dazu beitragen, den Eutrophierungsprozeß zu verlangsamen und somit den See vor einer schnellen Alterung zu bewahren. Der Wardersee hat eine besondere Bedeutung für den Artenschutz. Er ist ein relativ fischartenreiches Gewässer und bietet Lebensraum für zahlreiche Vogelarten. Es ist daher besonders wichtig, den See und seine Uferbereiche zu schützen. Dazu sollten Maßnahmen im Bereich Gewässer- und Naturschutz, der Wasserwirtschaft und Landschaftsplanung sowie fischereirechtliche Regelungen integriert durchgeführt werden.