Jahr der Untersuchung: 1994
11.kurzfassung2005 Kurzfassung
1994 untersuchte das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten den in Kreis Segeberg gelegenen Ihlsee. Im Mittelpunkt standen dabei der Wassermengen- und Stoffhaushalt, die Lebensgemeinschaften sowie vor allen Dingen die Belastungssituation des Sees.
Der Ihlsee ist 28 ha groß und hat eine mittlere Tiefe von 7,7 m. In den See münden keine direkten Zuflüsse. Der Ablauf ist künstlich und dient der Wasserstandsregulierung. Das oberirdische Einzugsgebiet hat eine Grösse von ca. 81,2 ha und ist somit recht klein. Das unterirdische Einzugsgebiet ist ca. 91 ha groß.
Der Ihlsee liegt im Stadtgebiet von Bad Segeberg. Deshalb ist dieser See einer starken Freizeitnutzung ausgesetzt, obwohl er schon 1950 unter Naturschutz gestellt wurde. Schon die erste Untersuchung vom Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten 1975 ergab, daß sich der Ihlsee in einem Übergangsstadium zu einem nährstoffreichen Gewässer befindet. 1994 galt es nun, den heutigen Zustand zu untersuchen, die Belastungsquellen im Einzugsgebiet zu lokalisieren und zu quantifizieren sowie Sanierungs Maßnahmen zu entwickeln.
Da viele kleine Nährstoffquellen den See belasten, wurde bei dieser Untersuchung auch das Grundwasser als potentielle Nährstoffquelle miteinbezogen. Die Wasserbilanz konnte somit beim Ihlsee differenzierter behandelt werden. Aufgrund der berechneten bzw. modellierten Zu- und Abflüssen ergab sich eine theoretische Wasseraufenthaltszeit von ca. 3,8 Jahren.
Der natürlicherweise oligotrophe (nährstoffarme) See ist mittlerweile mesotroph (mittlerer Nährstoffgehalt). Die Phosphor- und Stickstoffkonzentrationen sind zwar noch relativ gering, trotzdem bilden sich Algenwatten am Boden, die die Nährstoffe in kleinen Kreisläufen effektiv nutzen. Bei der Betrachtung der Sauerstoffverhältnisse ist eine Tendenz zur eutrophen Stufe zu erkennen. Im Juli bis September herrscht in der Tiefe Sauerstoffknappheit, die sich schon auf die Zusammensetzung der Tiefenfauna ausgewirkt hat. Empfindliche Wasserpflanzen wie die Wasserlobelie und das Seebrachsenkraut werden langsam von weniger empfindlichen Arten verdrängt.
Die Untersuchung der Fischfauna ergab, daß sich der Besatz von Karpfen und Aal negativ auf die übrige Fischpopulation auswirkt. Beide Arten sind sehr konkurrenzstark und verdrängen vor allem vorhandene Kleinfischarten durch Wegfrass bzw. Nahrungskonkurrenz. Möglicherweise ist die zu hohe Dichte an Aalen und Karpfen der Grund für die bei der Elektrobefischung festgestellte Artenarmut des Ihlsees.
Bei der Bilanzierung der Nährstoffeinträge ergab sich folgendes Bild: Die grösste Phosphorquelle ist der Niederschlag, der direkt auf den See fällt. Er macht ca. ein Drittel des Gesamteintrages aus. Weitere bedeutende Quellen sind der Badebetrieb mit 22 %, das Grundwasser mit 17 % und die Abschwemmungen von versiegelten Flächen mit 14 % der Gesamtbelastung von ca. 33 kg/a P.
Um den See wieder in einen nährstoffarmen See zurückzuführen, müsste man die Einträge um knapp die Hälfte reduzieren. Dieses wäre nur mit drastischen Änderungen der momentanen Nutzung möglich. Es sollte jedoch angestrebt werden, den Zustand des Gewässers zu stabilisieren. Vorgeschlagene Maßnahmen, wie die Reduzierung des Badebetriebes, die Gestaltung eines Feuchtgebietes im Bruchwald, Uferrandstreifen entlang der Gärten, Verzicht auf Besatz und Füttern der Fische können dazu beitragen.
11.1 Wasserstände
Mittlere Tageswasserstände des Ihlsees, des Abflußes und der Grundwassermessstelle S1 1994 in m ü. NN
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11.2 Niederschlagsmengen
Abweichungen des monatlichen Niederschlags 1994/95 vom langjährigen Mittel 1961-90 der Station Wahlstedt
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11.3 Physikalisch-chemische Daten
Physikalisch-chemische Daten
|
1 m Tiefe |
Frühjahr |
Jahresmittelwert |
Leitfähigkeit bei 25 °C |
mS/m |
14,6 |
14,9 |
pH - Wert |
|
7,46 |
7,85 |
TOC |
mg/l |
6 |
8 |
DOC |
mg/l |
6 |
7 |
Säurekapazität pH 4,3 |
mmol/l |
- |
0,59 |
Basenkapazität pH 8,2 |
mmol/l |
- |
- |
Chlorid |
mg/l |
15 |
15 |
Ammonium-N |
mg/l |
0,04 |
0,03 |
Nitrit-N |
mg/l |
0,003 |
0,002 |
Nitrat-N |
mg/l |
0,15 |
0,05 |
Gesamt-Stickstoff, unfiltriert |
mg/l |
0,53 |
0,52 |
Orthophosphat-P |
mg/l |
< 0,005 |
< 0,005 |
Gesamt-Phosphor, unfiltriert |
mg/l |
0,01 |
0,02 |
Sulfat |
mg/l |
- |
- |
Silicat-Si |
mg/l |
0,10 |
0,10 |
Calcium |
mg/l |
15 |
14 |
Magnesium |
mg/l |
1,9 |
1,8 |
Chlorophyll a |
µg/l |
4,0 |
5,2 |
Sichttiefe |
m |
4,8 |
5,1 |
Erläuterungen zu Einheiten, Parametern und Messmethoden
11.4 Bewertung und Empfehlungen
Bewertung
Der Ihlsee ist einer der wenigen nährstoffarmen Seen in Schleswig-Holstein. Er hat im Verhältnis zu seinem Volumen ein sehr kleines Einzugsgebiet und somit natürliche Voraussetzungen, geringe Nährstoffmengen aus der Umgebung zu erhalten.
Die Nährstoffbelastung aus dem Einzugsgebiet wirkt auf den ersten Blick auch klein. Wenn man jedoch davon ausgeht, daß der Ihlsee natürlicherweise oligotroph ist und somit die Phophorkonzentration nur bei ca. 0,010 mg/l P liegen dürfte, wird der Handlungsbedarf deutlich. Bei Einsetzen von 0,010 mg/l P (akzeptable Konzentration eines oligotrophen Gewässers) in die VOLLENWEIDER-Gleichung erhält man eine tolerierbare Belastung von 0,06 g/m2 a. Der ermittelte Wert lag jedoch bei 0,11 g/m2 a, also fast doppelt so hoch. Das bedeutet, daß der Phosphoreintrag um ca. 15 kg/a P reduziert werden müsste, um den See in einem nährstoffarmen Zustand zurückzuführen.
Es ist ausserdem zu bedenken, daß auch noch "Altlasten" den See beeinflussen. Mit der Bebauung des nördlichen Ufers in den dreissiger Jahren bekam der See Nährstoffe zugeführt. Das anfallende Abwasser wurde bis zum Anschluss der Häuser an die städtische Kläranlage im Jahre 1979 in Klärgruben gesammelt. Ein Teil davon wurde ufernah versickert. Weiterhin wurde vom Baugebiet Bruchweg das gesammelte Niederschlagswasser von 1972 bis 1978 zu einem Drittel in den See geleitet. Auch wenn die Nährstoffeinträge in diesem Bereich drastisch reduziert worden sind, ist der Schlamm am Seegrund entsprechend belastet und beeinflusst noch heute den See.
Empfehlungen
Der Ihlsee ist mittlerweile ein mesotropher See. Die Sauerstoffverhältnisse deuten sogar auf eine eutrophe Tendenz hin. Um den Zustand wenigstens zu stabilisieren, müsste die Belastung aus dem Einzugsgebiet halbiert werden.
Die Nährstoffzufuhr über die Atmosphäre ist aufgrund des kleinen Einzugsgebietes verhältnismäßig groß. Eine Änderung ist durch Maßnahmen vor Ort nicht zu erreichen, sondern verlangt übergreifende Konzepte hinsichtlich Landwirtschaft und Verkehr.
Durch den Badebetrieb kommen ca. 7 kg/a Phosphor im Sommer in den Ihlsee. Das sind über 20 % der Gesamtbelastung. Diese sind nur zu reduzieren, indem die Zahl der Badegäste verringert wird. Eine kleine Chance besteht noch in der Verbesserung der sanitären Anlagen. Trotzdem muss gesagt werden, daß 70.000 Badegäste pro Saison zu viel für einen 28 ha großen See sind. Es sollte daher geprüft werden, ob der großen Segeberger See zum Baden attraktiver gestaltet werden kann.
Der Hauptanteil des grundwasserbürtigen Phosphors kommt über die Entwässerungs-gräben des Bruchwaldes. Eine mögliche Sanierungs Maßnahme wäre also das Verfüllen der Gräben. Die Modellierung der Strömungsverhältnisse im Bruchwald hat gezeigt, daß dann im Winter und Frühjahr der zu dieser Zeit ohnehin deutlich vernässte Bruchwald in einigen Bereichen völlig überschwemmt wäre. Im Sommer liegen die Wasserstände so tief, daß die Gräben weitgehend trocken fallen. In diesen Perioden kann der Seespiegel sogar über den Grundwasserständen im Bruchwald liegen. Eine wirkungsvolle dauerhafte Vemässung könnte nur durch eine Erhöhung des Seespiegels durch Veränderung des künstlichen Ablaufes bei gleichzeitiger Verfüllung der Gräben erreicht werden. Das ist jedoch aufgrund der Bebauung rund um den See nicht möglich.
Ohne Anhebung des Seespiegels wäre also nur eine Teilvernässung im Winter und Früh-jahr möglich. Um den Eintrag von in vernässten Senken des Bruchwaldes rückgelöstem Phosphor in den See auszuschliessen, sollte bei allen baulichen Maßnahmen darauf geachtet werden, daß das Standwasser im Bruchwald vor dem Abfluß in den See entweder durch die Anlage einer Uferbarriere wiederum versickern muss oder durch ein eigens dafür angelegtes Feuchtgebiet zu filtern wäre. Diese als Nährstoff-Retentionsraum wirkenden Bereiche verhindern gleichfalls eine unkontrollierte Vermischung von Seewasser und zeitweise im Bruchwald gestautem, potentiell mit Phosphor und Ammonium angereichtertem Standwasser. An welchen Stellen eine Verfüllung der Gräben und eine Errichtung solcher Feuchtgebiete sinnvoll ist, müsste durch eine detaillierte hydrologische Untersuchung ermittelt werden. Ausserdem ist zu erwähnen, daß sich der Baumbestand des sogenannten Bruchwaldes durch die Vernässung verändern wird.
Der Einfluss der Gärten direkt am Seeufer ist schwer abzuschätzen. Sollten diese gedüngt werden, ist der Nährstoffeintrag bedeutend für den See. Deshalb hat ein Düngereinsatz in diesem empfindlichen Bereich des Einzugsgebietes zu unterbleiben.
Weiterhin wirken sich die Gärten und die zahlreichen Stege der Privatgrundstücke negativ auf die Ufervegetation aus. Der Bruchwald ist dort zu gunsten von Rasen und Ziergehölzen verloren gegangen. Stellenweise säumen noch einige Schwarzerlen und Öhrchen-Weiden das Ufer. Der Schilfsaum beschränkt sich auf wenige Meter. Es finden sich dort die Gelbe Schwertlilie und die Sumpf-Segge, Arten, die am Ihlsee als Störungsanzeiger zu werten sind. Deshalb ist dort ein Uferrandstreifen anzulegen, der der natürlichen Sukzession überlassen wird. Die Steganlagen sollten reduziert werden.
Eine Belastungsquelle des Sees ist die Nutzung des Sees durch den Angelsportverein. Die Bewirtschaftung des Sees darf sich deshalb in Zukunft nicht an wirtschaftlichen oder angelsportlichen, sondern am Schutzziel des Naturschutzgebietes orientieren. Für die fischereiliche Nutzung des Ihlsees bedeutet dieses, daß lediglich eine extensive Angelfischerei weiterhin betrieben werden könnte, da sie zu keiner Beeinträchtigung des Sees führt. Dazu sind jedoch zwei Einschränkungen gegenüber der bisherigen Nutzung notwendig. Erstens muss auf den Besatz verzichtet werden. Der Besatz mit Karpfen und Aalen ist aus schon genannten Gründen als schädlich für den Fischbestand und den Trophiezustand des Sees anzusehen. Zweitens muss das beim Friedfischangeln übliche "Anfuttern" unterbleiben, da hierdurch z.T. erhebliche Nährstoffmengen ins Gewässer gelangen.
Da es jedoch im Interesse eines Angelsportvereins liegt, den Fischertrag eines Gewässers zu erhöhen, wird die Versuchung bestehen bleiben, dieses durch Besatz zu erreichen. Eine Kontrolle ist nur schwer möglich. Die sicherste Möglichkeit besteht langfristig daher nur in einem Verzicht auf eine fischereiliche Nutzung. Bis dahin sollte, unter Verzicht auf weiteren Besatz, der offensichtliche Überbestand an Aalen und Karpfen gezielt durch Beangeln abgebaut werden. Eine Befischung mit professionellen Fischereigeräten (z.B. Zugnetz) sollte unterbleiben, da dieses ein nicht unerhebliches Risiko für die wertvollen Pflanzenbestände darstellt.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schutz des Ihlsees dieses Gewässer nicht wieder in seinen oligotrophen Zustand zurückversetzen. Jedoch kann durch drastische Veränderungen der momentanen Nutzungen versucht werden, wenigstens den Status Quo zu halten. Für ein Naturschutzgebiet wie der Ihlsee sind 70.000 Badegäste pro Saison, Bootsverkehr und Fischfütterung eine zu hohe Belastung. Um den See nachhaltig zu schützen, müssen alle diese Nutzungen eingestellt werden. daß dies auf Widerstand stossen wird, ist verständlich. Andererseits aber wird sich auch der Ihlsee, einer der letzten nährstoffarmen Seen Schleswig-Holsteins mit seiner schützenswerten Unterwasservegetation, auf absehbare Zeit in einen nährstoffreichen See verwandeln.