Naturschutzgebiet „Braderuper Heide“

Blühende Widlwiese

Heiden gehören zu den am stärksten bedrohten Lebensräumen in Schleswig-Holstein. Waren um 1850 noch ca. 17 % der Landesfläche von Heiden bedeckt, liegt ihr Anteil heute landesweit unter 0,5 %, davon fast 50 % allein auf der Insel Sylt. Aber auch hier sind die Heideflächen in den letzten Jahrzehnten deutlich geschrumpft.

Von der ehemals großflächig zusammenhängenden Heidelandschaft zwischen Kampen und Keitum ist neben kleineren Beständen am Flugplatz Westerland die Braderuper Heide als größter Komplex erhalten geblieben. Für ihren Erhalt besteht daher eine besondere Verantwortung.

Das Naturschutzgebiet befindet sich größtenteils in Gemeinschaftsbesitz („Allmende“) und wird von der „Losinteressentschaft“, d. h. der Gemeinschaft der Eigentümer verwaltet.

Früher verfügte jeder Dorfbewohner über unterschiedlich viele Anteile am Heideland. Die Anzahl an „Losen“ bestimmte, wieviele Tiere ein „Interessent“ auf der Allmende weiden lassen durfte. Ursprünglich hing die Zahl der „Lose“ vom Besitz an Pferden ab, die für das Pflügen der Äcker bereitstanden.

Der Schutz und die Entwicklung der Heide liegen in der Obhut der Naturschutzgemeinschaft Sylt e. V.. Diese betreut das 137 Hektar große Gebiet seit der Unterschutzstellung 1979. Dank ihres unermüdlichen Einsatzes haben der Verein und seine Mitglieder bereits umfangreiche Pflegemaßnahmen wie Beweidung, Brand oder Plaggen auf den Weg gebracht.

Heide durch Pflege erhalten

Beweidung durch Schafe

Geestheiden sind Teil der historischen Kulturlandschaft. Auf Dauer sind sie nur durch gezielte Pflege in ihrer typischen Ausprägung zu erhalten. Ohne regelmäßig wiederkehrende Eingriffe verbreiten sich nach einiger Zeit Gehölze, die sich langsam zum Wald entwickeln.

Im Rahmen der traditionellen „Heidewirtschaft“ wurden die Heiden früher durch Plaggen, Beweidung oder Mahd regelmäßig genutzt. Das vom Lebenszyklus der Besenheide abhängige „heidetypische Aussehen“ ist so erhalten geblieben. Extensive Schafbeweidung, Mahd oder Brand verhindern die Überalterung der Heide. Das Plaggen von Heide- und Grassoden beseitigt die Vegetationsdecke mit der Rohhumusschicht und lässt den Lebenszyklus neu beginnen. Der Fraß der Schafe regt bei der Besenheide das Wachstum neuer Triebe an. Maschinelles Abtragen oder Schälen der oberen Vegetationsschicht ahmt das frühere Plaggen per Hand erfolgreich nach.

Dünenheide - Geestheide

Rotschenkel

Auf den ersten Blick nicht erkennbar, kommen auf Sylt zwei Heidetypen vor, die völlig unterschiedlichen Ursprungs sind:

  • Das Zentrum der Insel ist aus Moränen der vorletzten Eiszeit aufgebaut. Ohne den Einfluss des Menschen wäre der Sylter Geestkern fast vollständig von Wald bedeckt. Waldrodung und nachfolgende Übernutzung der Böden im Mittelalter haben, wie auch auf der Geest im übrigen Schleswig-Holstein, zur Entwicklung einer Heidelandschaft geführt. Vor ca. 160 Jahren bedeckte diese etwa 17 % der Landesfläche. Zu ihrem Erhalt bedürfen solche „Geestheiden“ einer dauernden Pflege.
  • Die ausgedehnten Dünen der Insel Sylt sind erst wenige Jahrtausende alt. Die enormen Kräfte des Meeres und des Windes haben sie geschaffen und geformt. Sie bestehen aus Material, das vom zentralen Geestkern abgetragen, kilometerweit nach Norden und Süden verfrachtet und hier vom Wind zu hoch aufragenden Dünen aufgetürmt wurde. In Dünenbereichen, die nicht mehr regelmäßig von Sand überdeckt werden, können im Laufe der Zeit Krähenbeere und Besenheide einwandern und hier natürliche „Dünenheiden“ aufbauen, die ohne Einfluss des Menschen überdauern können.

Vielfalt der Arten und Lebensräume

Niedrige Schwarzwurzel

Das Naturschutzgebiet Braderuper Heide umfasst sehr unterschiedliche Naturräume: den saaleeiszeitlichen Geestkern mit aufgelagerten Dünen, das geologisch schutzwürdige Weiße Kliff sowie die Vorland- und Marschflächen. Aufgrund seiner hohen landschaftlichen Vielfalt und Naturnähe ist das Gebiet Lebensgrundlage einer charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt von landesweit herausragender Bedeutung. Fast die Hälfte der 95 im Gebiet nachgewiesenen höheren Pflanzenarten wird auf der Roten Liste geführt. Besonders hervorzuheben sind dabei die Vorkommen von Arnika, Geflecktem Knabenkraut und der Niedrigen Schwarzwurzel. Zu den charakteristischen Tierarten der Heideflächen gehören neben Zwerg-, Erd- und Feldmaus auch Waldeidechse und Kreuzkröte. Darüber hinaus haben Zoologen auch 219 Käfer-, 84 Spinnen- sowie 5 Heuschreckenarten gezählt. Zu den 40 nachgewiesenen Brutvogelarten zählen viele typische Küsten- und Wiesenvögel wie Austernfischer, Brandgans, Kiebitz, Säbelschnäbler, Sandregenpfeifer und Rotschenkel. Daneben nutzen viele gefiederte Gäste und Durchzügler das Schutzgebiet zur Rast und Nahrungssuche.

NATURA 2000 - Schutzgebiet

Waldeidechse

Die von der Europäischen Union verabschiedeten Richtlinien zu Fauna-Flora-Habitat (FFH)- und dem Vogelschutz streben den Aufbau eines Netzes besonderer europäischer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „NATURA 2000“ an. Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt, der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Auch das Naturschutzgebiet Braderuper Heide mit seinen vielfältigen Lebensräumen ist Teil dieses europäischen Netzwerkes. Um die Arten und Lebensräume zu schützen und zu entwickeln, zugleich aber auch Sicherheit über Möglichkeiten der Nutzung zu geben, ist gemeinsam mit allen Betroffenen wie Nutzern, Eigentümern, Verbänden, Kommunen und interessierten Bürgern ein Managementplan erarbeitet worden. Dieser trifft Aussagen sowohl zum Naturschutzgebiet als auch zu den Heideflächen im Bereich Kupferkanne.