Bericht des Landesamtes für Natur und Umwelt B48.
Jahr der Untersuchung: 1997
7.1 Physikalisch-chemische Daten
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Erläuterungen zu Einheiten, Parametern und Messmethoden
7.2 Phosphor- und Stickstoffeinträge
Phosphor
Stickstoff
7.3 Bewertung und Empfehlungen
Bewertung
Das Selker Noor hat aufgrund seines relativ großen Einzugsgebietes Voraussetzungen für einen nährstoffreichen Zustand. Dementsprechend ist ein eutropher Zustand anzustreben.
Die derzeitige Phosphor-Belastung aus dem Einzugsgebiet des Noores von 3,85 g/a·m2 Noorfläche ist entsprechend dem großen Einzugsgebiet und der Abwasserbelastung sehr hoch.
Darüber hinaus wird das Selker Noor wesentlich durch den Zustrom von Schleiwasser beeinflusst. Dieser Einfluss äußert sich zum einen durch hohe Salzgehalte und die Besiedlung des Noores mit salzwassertoleranten Uferpflanzen, Phyto- und Zooplanktonarten und Bodentieren. Zum anderen werden der Phosphor- und Stickstoffhaushalt des Noores durch die Verhältnisse in der hypertrophen Schlei gesteuert. Im Frühjahr wirkte das Schleiwasser möglicherweise verdünnend auf das Selker Noor-Wasser. Im Verlauf des Sommers stellte sich bei stark ansteigenden Phosphorkonzentrationen in der Schlei jedoch ein Gradient ein mit den höchsten Werten in der Schlei, gefolgt vom Haddebyer Noor und den niedrigsten Phosphorkonzentrationen im Selker Noor. Auslöser sind interne Nährstofffreisetzungen aus dem Sediment in der Schlei. Phosphat, welches in der Schlei und im Haddebyer Noor im Sommer im Überschuss vorhanden war, wurde im Selker Noor vollständig aufgezehrt.
Durch geringere Wasserbewegung führte der Nährstoffreichtum im Selker Noor noch zu stärkeren Auswirkungen als im Haddebyer Noor, beispielsweise zu den genannten Fischsterben. Außerdem führen direkte Einflüsse aus dem Einzugsgebiet und interne Prozesse im Selker Noor zu einer größeren Eigendynamik als im Haddebyer Noor.
Das Selker Noor zeigte unter dem Einfluss seines großen Einzugsgebietes und der hypertrophen Schlei typische Merkmale eines polytrophen Gewässers: Der Stoffhaushalt des Noores ist durch ein starkes Ungleichgewicht von Produktion und Abbau geprägt, das selbst bei schwacher thermischer Schichtung zu Sauerstofffreiheit im Wasser unterhalb von 2 m (!) Wassertiefe führt. Ähnliche Verhältnisse wurden bereits vor 30 Jahren beobachtet (MUUSS et al. 1973). Dementsprechend wurden Fischsterben im Untersuchungsjahr und im vorangegangenen Jahr beobachtet. Die Sauerstofffreiheit über dem Grund führt zu ausgeprägten Nährstofffreisetzungen aus dem Sediment. Gleichzeitig fällt damit der Seegrund als Lebensraum für Tiere faktisch aus. Die Bodenfauna ist sehr artenarm. Während der ganzen Vegetationsperiode konnten sich Algen in hoher, zeitweise in sehr hoher Dichte entwickeln.
Der Röhrichtgürtel ist weitgehend intakt und auch großflächig als Landröhricht ausgebildet. Die submerse Vegetation ist entsprechend einer geringen Sichttiefe auf 0,5 m Wassertiefe beschränkt und auffallend dürftig entwickelt. Das angrenzende Feuchtgrünland enthält jedoch salztolerante und mindestens neun gefährdete Pflanzenarten. Positiv sind neben den Erlenbrüchen die hydrologisch entsprechenden, botanisch wertvollen Feuchtwiesen zu bewerten. Geomorphologisch schützenswert ist eine von Landröhricht eingenommene kleine Bachschlucht.
Die Klassifizierung nach der LAWA-Richtlinie ergibt einen schwach eutrophen potentiell natürlichen Zustand des Selker Noores. Der Istzustand wird als polytroph 2 klassifiziert (Abb. 32). Aus dem großen Unterschied zwischen potentiell natürlichem und dem Istzustand ergibt sich die Bewertung 5 auf der siebenstufigen Skala.
Empfehlungen
Eine Sanierung des Selker Noores ohne Berücksichtigung der Schlei erscheint wenig erfolgversprechend, da der Nährstoffhaushalt des Selker Noores wesentlich durch die Schlei gesteuert wird. Eine Unterbindung des Wasseraustausches ist wegen der Entstehungsgeschichte des Selker Noores als ehemaliger Teil der Schlei und wegen seiner Besiedlung mit schützenswerter salzwassertoleranter Vegetation nicht sinnvoll. Der einzige gangbare Weg zum Schutz und zur Entlastung des Selker Noores ist daher, den Stoffeintrag aus dem direkten Einzugsgebiet zu minimieren und zugleich die Schlei zu regenerieren. Vorschläge hierzu liegen hinsichtlich Maßnahmen an der Füsinger Au und einer Vernässung des Mündungsbereiches Loiter Au bei RIPL (1986) vor.
Aufgrund der geringen Wasseraufenthaltszeit von nur zwei bis drei Monaten hat das Noor recht gute Regenerationschancen.
Um zu einer Entlastung im Bereich Landwirtschaft beizutragen, sollten am Westufer das Getreidefeld und Ansaatgrünland in Dauerweiden umgewandelt, zumindest aber mit einem breiteren Schutzstreifen versehen werden, um Nährstoffeinträge ins Quellwasser zu reduzieren.
Die Teichwirtschaft bei Selk sollte aufgegeben werden.
Die Belastung des Noores durch abwasserbürtigen Phosphor wird sich durch die bereits durchgeführten und noch geplanten Verbesserungen der Abwasserreinigung bis 2001 um 380 kg/a Phosphor um 80 % verringern. Der gesamte Phosphoreintrag in das Selker Noor verringert sich damit um knapp 20 %.
Aus vegetationskundlicher Sicht ist das Selker Noor mit den umgebenden Feuchtwiesen und -wäldern unter Festschreibung der derzeitigen Nutzungsweise naturschutzwürdig. Es ist zu prüfen, ob die teilweise stark gefährdeten Pflanzenarten eines solchen Schutzes bedürfen. Zusätzlich können eventuell Bracheparzellen im Feuchtgrünland wieder für die Beweidung geöffnet werden.
Die aufgeführten Maßnahmen sind ein Beitrag zur direkten Entlastung des Selker Noores.