Berichte des Landesamtes für Natur und Umwelt B 37 und B 42 und B42.
Jahr der Untersuchung: 1995
8.kurzfassung2005 Kurzfassung
1995 untersuchte das Landesamt für Wasserhaushalt und Küsten den im Kreis Herzogtum Lauenburg gelegenen Grammsee. Im Mittelpunkt standen dabei der Wassermengen- und Stoffhaushalt, die Lebensgemeinschaften, sowie vor allen Dingen der Fischbestand und die Belastungssituation des Sees. Nach Integration des Amtes in das Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein (LANU) am 01.01.1996 werden die Seenuntersuchungen von der Abteilung "Gewässer" weitergeführt.
Der 14 ha große Grammsee liegt östlich von Ratzeburg nahe der ehemaligen Grenze zur DDR. Er entwässert über einen kleinen Graben in den Lankower See. Das Seebecken hat eine flache trichterförmige Gestalt. Die grösste Tiefe, die fast genau in der Mitte liegt, beträgt 6,6 m. Im Mittel ist er nur 3,4 m tief. Sein Einzugsgebiet ist im Verhältnis zur Seefläche mäßig groß. Der Waldanteil ist mit 50 % für Schleswig-Holstein recht hoch. Somit sind die Voraussetzungen, den Zustand des Sees effektiv zu schützen oder sogar zu verbessern, relativ gut.
Die 1992 im Rahmen des Seenkurzprogrammes (LANDESAMT FÜR WASSERHAUSHALT & KÜSTEN SCHLESWIG-HOLSTEIN 1995 b) durchgeführte Untersuchung des Grammsees zeigte, daß sich der See in einem eutrophen Zustand befindet. Ende 1994 wurde er unter Naturschutz gestellt. Die Fischerei wurde 1995 eingestellt. In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, ob sich in dem See ohne Hege ein stabiler, naturnaher Fischbestand etablieren kann. Um die weitere Entwicklung des limnischen Ökosystems zu beobachten, wurde der Grammsee 1995 in das ganzjährige Untersuchungsprogramm des Landesamtes aufgenommen. Ein Schwerpunkt lag in der Untersuchung der Fischfauna, die vom Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten finanziert wurde.
Der Grammsee besitzt nur drei sehr kleine Zuläufe, die wenig Wasser führen. Auch am Ablauf im Norden des Sees konnten keine kontinuierlichen Mengenmessungen durchgeführt werden, da der Abfluß sehr gering war. Bei einer angenommenen Abflußspende von 5 l/s km2 und einem Einzugsgebiet von 2,33 km2 beträgt die theoretische Wasseraufenthaltszeit ca. 1,3 Jahre.
Nach den Phosphor- und Chlorophyll a-Konzentrationen sowie der Sichttiefe ist der Grammsee als eutroph einzustufen. Die Sauerstoffverhältnisse in der Tiefe zeigen, daß ein Ungleichgewicht zwischen Produktion und Abbau besteht. Auch die Benthonzusammensetzung weist darauf hin, daß die Tiefenzone des Sees relativ lebensfeindlich ist. Der Grammsee besitzt jedoch mit seinen gut entwickelten Röhrichten, großseggenriedern, Schwimmblattgesellschaften und Bruchwäldern naturnahe Biotoptypen.
Der Fischbestand wurden im Rahmen dieser Untersuchung mit Hilfe der recht umfangreichen Markierungs-Wiederfang-Methode bestimmt. Es konnten zehn heimische Arten nachgewiesen werden. Für Schleswig-Holstein ist aus fischökologischer Sicht das Vorkommen von Moderlieschen, Steinbeisser, Quappe und Hecht als wertvoll zu betrachten. Insgesamt zeigt der Fischbestand des Grammsees zwar noch deutliche Spuren der vergangenen fischereilichen Bewirtschaftung, ist aber artenreich und nicht durch standortfremde Fische verfälscht. Er hat damit äusserst günstige Voraussetzungen, sich ohne Eingriffe von aussen zu regenerieren.
Bei der Bilanzierung der Nährstoffeinträge ergab sich folgendes Bild: 70 % des Phosphor-Eintrags kommen aus der Landwirtschaft. Der Rest verteilt sich auf Wald, Siedlung und Niederschlag. Abwasser gelangt nicht mehr in den See, da mittlerweile alle Häuser in der Umgebung an die Kläranlage Mustin angeschlossen sind. Die Gesamtbelastung beträgt jährlich 53 kg Phosphor. Bezogen auf die Seefläche sind das 0,4 g/m2 Phosphor im Jahr.
Um den trophischen Zustand des Sees zu stabilisieren oder sogar zu verbessern, muss die heutige Nährstoffbelastung reduziert werden. Wichtige Schritte zum Schutz des Grammsees wurden bereits unternommen. Jedoch sind noch weitere Schutz Maßnahmen wie die Extensivierung ufernaher Ackerflächen und die Anhebung des Seewasserspiegels zu empfehlen.
8.1 Wasserstände
Mittlere Tageswasserstände (m ü. NN) (1995/96)
(Bitte anklicken zum Vergrößern!)
8.2 Niederschlagsmengen
Monatlicher Niederschlag (mm) der Jahre 1995/96 und langjähriges Mittel (1961-1990) der Station Kittlitz
(Bitte anklicken zum Vergrößern!)
8.3 Physikalisch-chemische Daten
Physikalisch-chemische Daten
|
1 m Tiefe |
Frühjahr |
Jahresmittelwert |
Leitfähigkeit bei 25 °C |
mS/m |
50,8 |
51,8 |
pH - Wert |
|
7,83 |
8,36 |
TOC |
mg/l |
15 |
17 |
DOC |
mg/l |
14 |
16 |
Säurekapazität pH 4,3 |
mmol/l |
- |
2,6 |
Basenkapazität pH 8,2 |
mmol/l |
- |
- |
Chlorid |
mg/l |
30 |
31 |
Ammonium-N |
mg/l |
0,30 |
0,13 |
Nitrit-N |
mg/l |
0,015 |
0,011 |
Nitrat-N |
mg/l |
0,73 |
0,27 |
Gesamt-Stickstoff unfiltriert |
mg/l |
2,20 |
1,74 |
Orthophosphat-P |
mg/l |
0,07 |
0,02 |
Gesamt-Phosphor unfiltriert |
mg/l |
0,12 |
0,07 |
Sulfat |
mg/l |
- |
- |
Silicat-Si |
mg/l |
0,94 |
1,75 |
Calcium |
mg/l |
- |
83 |
Magnesium |
mg/l |
- |
5,5 |
Chlorophyll a |
µg/l |
fehlt |
27,2 |
Sichttiefe |
m |
1,7 |
2,4 |
Erläuterungen zu Einheiten, Parametern und Messmethoden
8.flaechen2005 Flächennutzung
(Bitte anklicken zum Vergrößern!)
8.4 Phosphor- und Stickstoffeinträge
(Bitte anklicken zum Vergrößern!)
8.5 Bewertung und Empfehlungen
Bewertung der Belastungssituation
Der Grammsee ist natürlicherweise ein mesotropher See. Wäre er ganz von Wald umgeben, läge seine interne Phosphor-Konzentration, berechnet nach dem VOLLENWEIDER-Modell, bei 0,018 mg/l P. Es ist jedoch dabei zu bedenken, daß dieses Modell die Phosphorfreisetzung aus dem Sediment nicht genügend berücksichtigt.
OHLE (1976) kommt aufgrund von Bilanzierungsüberlegungen zu dem Schluss, daß für ostholsteinische Seen eine externe Belastung von 0,33 g/m2 a P, wie sie auch für den Grammsee ermittelt wurde, bei einer mittleren Hypolimniontiefe von 5 bis 10 m, einer Wasseraufenthaltszeit von 5 Jahren, einer internen Düngung von ca. 50 % des Jahresumsatzes und einer viermaligen Wiederverwertung des Phosphors in der Vegetationsperiode vertretbar ist. Der Grammsee ist jedoch mit seiner mittleren Tiefe von 3,4 m relativ flach und somit empfindlich gegenüber Nährstoffeinträgen, obwohl der tiefe Bereich aufgrund seiner geschützten Lage im Sommer geschichtet ist. Im September verlagert sich die Sprungschicht jedoch schon nach unten und es kommt zu einer Nährstoffanreicherung im Oberflächenwasser und somit zu einem vermehrten Algenwachstum im Spätsommer. In tiefen Seen findet die Vollzirkulation meist erst später und somit nach der Vegetationsperiode statt. Die Nährstoffanreicherung des Epilimnions hat daher in solchen Seen keine vermehrte Produktion zur Folge.
Tatsächlich ist der Grammsee aufgrund seiner aktuellen Belastung mittlerweile eutroph. Die heutige Nährstoffbelastung sollte also möglichst reduziert werden, denn es gilt diesen See dringend zu schützen und zumindest im derzeitigen Zustand zu erhalten.
Um den See wieder in einen stabil mesotrophen Zustand zurückzuführen, müsste die Belastung um ca. die Hälfte reduziert werden. Dieses Ziel ist sicherlich schwer zu erreichen, da die interne Düngung aus dem Schlamm eine große Rolle spielen.
Vorschläge zum Schutz und zur Erhaltung
Wichtige Schritte zum Schutz des Grammsees sind bereits unternommen worden. Mittlerweile sind alle Häuser in der Umgebung an die Kläranlage Mustin angeschlossen, und das Abwasser wird somit ausserhalb des Einzugsgebietes entsorgt. Ausserdem wurde der See Ende 1994 unter Naturschutz gestellt. Ackerbau ist seitdem im ausgewiesenen Naturschutzgebiet nicht mehr erlaubt. Die Bewirtschaftung durch einen Berufsfischer wurde Ende 1995 eingestellt. Jedoch sind noch weitere Schutz Maßnahmen zu empfehlen.
Im Osten und Südosten des Sees befinden sich kreiseigene Ackerflächen. Die hängigen Flächen sollten mindestens bis zur 40 m Höhenlinie, im Osten am besten bis zur Einzugsgebietsgrenze, als breite Pufferstreifen der natürlichen Sukzession überlassen werden (Abb. 25). Ungefähr 7 ha davon liegen ausserhalb des Naturschutzgebietes. 2 bis 3 ha werden zur Zeit noch landwirtschaftlich genutzt. Diese erosionsgefährdeten Flächen sollten möglichst aus dem Pachtvertrag herausgenommen werden. Die Entschädigungskosten für den Nutzungsausfall wären recht gering. Der Phosphoreintrag in den See würde von 2 kg/ha a P auf 0,05 kg/ha a (Tab. 11) und somit um 5 bis 6 kg/a reduziert werden.
Die unmittelbare Verlandungszone des Grammsees wird von naturnahen Lebensraumtypen geprägt (ARGE PEPL SCHAALSEE-LANDSCHAFT 1996). Es zeigen sich jedoch Auswirkungen der Seespiegelabsenkung. Durch die Anhebung des Seewasserstandes auf seine ursprüngliche Höhe und die Unterbindung der Entwässerung der Niederungsbereiche würden die Erlenbruchwälder geschützt und die Nährstoffeinträge aus der Fläche reduziert werden. Deshalb wurde bereits die Sohlschwelle im Ablauf erhöht. Besser wäre jedoch, den See nicht künstlich anzustauen, sondern ihn sich selbst zu überlassen. Wenn der Ablaufgraben nicht mehr geräumt wird, wird sich der Seespiegel im Laufe der Zeit natürlicherweise wieder auf einem höheren Niveau stabilisieren. Es sollte daher weiterhin beobachtet werden, wie sich der Wasserstand im Jahresgang verhält.
Der Fischbestand ist artenreich und bis auf den hohen Aalbestand relativ ausgewogen. Eingriffe sind daher nicht erforderlich. So bietet der See günstige Voraussetzungen, die Entwicklung eines Fischbestandes nach dem Ende der Bewirtschaftung zu beobachten. Es ist daher von großem Interesse, diesen Prozess weiter zu dokumentieren. Deshalb sollte in ungefähr fünf Jahren eine weitere fischereibiologische Untersuchung durchgeführt werden.