Räumung des Zwischenlagers Harrislee II
Ralf Petersen

Vorgeschichte

Im Juni 1991 wurde das Siebrestezwischenlager Harrislee II nach Verfüllung des benachbarten Lagers Harrislee I in Betrieb genommen. Hintergrund war, für die im Müllkompostwerk Flensburg anfallenden Siebreste eine vorübergehende Entsorgungsmöglichkeit zu schaffen. Bis Anfang 1994 wurden dort rund 160.000 Tonnen Siebreste zwischengelagert.

Bereits in der Genehmigung des Lagers nach den Regelungen des Abfallgesetzes (AbfG) wurde die Räumung der deponierten Siebreste sowie sämtlicher baulicher Anlagen bis zum 31. Oktober 1998 festgesetzt. Rechtzeitig vor Beginn dieser Räumungsarbeiten sollte durch den Genehmigungsinhaber der zuständigen Behörde ein Antrag vorgelegt werden. In diesem sollte das Verfahren der Abräumung und einer möglichen Aufbereitung durch Sortierung, Separierung sowie Siebung unter Berücksichtigung aller umweltrelevanten Belange dargestellt und der Nachweis der Abfallabnahme in einer für diese Stoffe zugelassenen Anlage geführt werden sollte. Aufgrund der in den letzten Jahren eingetretenen Änderungen der rechtlichen Grundlagen ist mittlerweile das LANU zuständige Behörde.

Weg mit dem Dreck! (Quelle: DIE ZEIT, 20.09.1996
(Zum Vergrössern bitte die Grafik anklicken)

Planung und Ausführung

Die Räumungsarbeiten sind durch die Abfallwirtschaftsgesellschaft Schleswig-Flensburg mbH im Frühjahr 1996 europaweit ausgeschrieben worden. Den Zuschlag erhielt eine Arbeitsgemeinschaft, die dem LANU im Juni 1996 ein Räumungskonzept vorlegte. Als Entsorgungsanlage für die zwischengelagerten Siebreste wurde die Deponie Ihlenberg in Mecklenburg-Vorpommern vorgesehen. Die Zustimmung zu diesem Konzept wurde zunächst versagt, da Mängel bei der Umwelt- sowie Arbeitssicherheitstechnik festgestellt wurden. Dabei handelte es sich im wesentlichen um fehlende Prognosen der zu erwarteten Geruchsimmissionen sowie um eine unzureichende Betrachtung der Deponiegasproblematik. Wegen der Frage der Zulässigkeit des vorgesehenen Entsorgungsweges wurde unter Hinweis auf die Landesverordnung über den Abfallentsorgungsplan für Abfälle aus Haushaltungen das Ministerium für Umwelt, Natur und Forsten eingesschaltet.

Die fachtechnische Prüfung der eingereichten Unterlagen erfolgte in enger Kooperation, insbesondere mit dem Gewerbeaufsichtsamt Schleswig, das für die Begutachtung der Belange des Arbeitsschutzes zuständig ist.

Bedingt durch die Lage des Zwischenlagers in direkter Nähe der deutsch-dänischen Grenze sowie die während der gesamten Nutzungsdauer des Zwischenlagers bestehenden Kontakte nach Dänemark wurde die Snderjyllands Amtskommune ständig über den aktuellen Sachstand informiert.

Um die in den zahlreichen Besprechungen entwickelten umwelt- und arbeitssicherheitstechnischen Ziele durchsetzen zu können, wurden die Arbeitsergebnisse in Form einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Bundesimissionsschutzgesetz am 05. September 1996 verfügt. Da auf die Möglichkeit des Widerspruchs durch den Lagerinhaber verzichtet wurde, konnte mit den Räumungsarbeiten umgehend nach Erhalt der nachträglichen Anordnung begonnen werden.

Neben den zwischengelagerten Siebresten, die auf die Deponie Ihlenberg bei Schönberg verbracht werden, sind große Mengen an Abdeck- und Dichtungsmaterialien zu entsorgen. Der für die Oberflächenabdeckung verwendete bindige Boden, der das Eindringen von Oberflächenwasser in die Siebreste minimieren sollte, wird auf eine stillgelegte Deponie in Schleswig verbracht und soll dort zu Abdichtungszwecken wiederverwendet werden. Bis zum Jahresende 1996 sind allein an Bodenmaterial rund 27.000 Tonnen nach Schleswig transportiert worden.

Öffentlichkeit

Die Räumung des Lagers Harrislee II erregte bundesweit Interesse. In zahlreichen Presseberichten sowie Rundfunk- und Fernsehsendungen wurden besonders folgende Umstände kritisch hervorgehoben:
Die in Flensburg erzeugten Siebreste werden nach einer technisch aufwendigen und kostenintensiven Zwischenlagerung wieder aufgenommen und zu wiederum hohen Kosten von rund 35 Millionen DM über 200 Kilometer zur Endablagerung transportiert.

Aus rechtlicher Sicht muß festgestellt werden, daß trotz hohen technischen Standards das Zwischenlager für eine Endlagerung nicht in Frage gekommen wäre. Zudem beinhaltet der Status als Zwischenlager auch die Räumung der deponierten Stoffe. Ferner erfüllt der für die Zwischenlagerung gewählte Standort in vielfacher Hinsicht nicht den Anforderungen an einen Deponiestandort beispielsweise bezüglich der Untergrundverhältnisse oder dem Abstand zur Wohnbebauung. Wesentlich für die Räumung ist letztlich die mehrfach bestätigte Zusage an die Standortgemeinde und die dänischen Nachbarn, die Siebreste innerhalb der vorgebenen Fristen zu räumen.
Die Frage der Anwendung der Landesverordnung über den Abfallentsorgungsplan für Abfälle aus Haushaltungen und damit eine Endlagerung der Siebreste innerhalb der Landesgrenzen Schleswig-Holsteins war nicht Gegenstand der genehmigungsrechtlichen Prüfung durch das LANU.

Schlußanmerkungen

Aus Sicht der Genehmigungsbehörde ist als Zwischenergebnis festzustellen, daß die Räumungsarbeiten zügiger als erwartet durchgeführt und Anfang Februar 1997 abgeschlossen werden konnten. Es traten weder immissionsschutz- noch arbeitsschutztechnische Probleme auf. Die Wiederherstellung der ehemals landwirtschaftlich genutzten Fläche durch Räumung der Basisabdichtung und Rekultivierung soll im Frühjahr 1997 fortgesetzt werden.

Die durch die Räumung des Zwischenlagers hervorgerufenen ökologischen Belastungen allein durch den Einsatz tausender Fahrzeuge sowie die finanziellen Konsequenzen für die betroffenen Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler sollten nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Ursachen dafür nicht durch das, aus genehmigungsrechtlicher Sicht unabdingbaren, Räumungsverfahren herbeigeführt wurden. Vielmehr sind sie Folge einer abfallwirtschaftliche Planung, die es seit vielen Jahren aufgrund fehlender Entsorgungsanlagen erforderlich macht, in der Region anfallende Reststoffe auch weiterhin über weite Strecken in geeignete Anlagen anderer Gebietskörperschaften zu transportieren. Seit Verfüllung des Zwischenlagers Anfang 1994 werden die in Schleswig-Flensburg und Flensburg erzeugten Reststoffe täglich per LKW nach Neumünster transportiert.